Alleinstehende und das neue Erbrecht mit Blick auf die 2. und 3. Säule

Bulletin 4/22, Dezember 2022

Am 1. Januar 2023 tritt das neue Erbrecht in Kraft. Das ­revidierte Erbrecht ist flexibler als bisher ausgestaltet. Erblasserinnen und Erblasser können künftig über einen grösseren Teil ihres Nachlasses frei verfügen. Das Ver­erben innerhalb der Familie erfährt einige Änderungen, ebenso soll die Unternehmensnachfolge erleichtert werden.

Erbrecht: Neuerungen für Alleinstehende

Was bedeutet das neue Erbrecht für Alleinstehende? Wir haben im VZ VermögensZentrum nachgefragt und folgende Antwort erhalten:

  • Neu gibt es keine Pflichtteile mehr für Eltern. Das bedeutet, dass die Verfügungsfreiheit auch für Alleinstehende grösser wird.
  • Grundsätzlich: Alleinstehende ohne Nachkommen sollten ihre Erbfolge aktiv regeln, um zu verhindern, dass ihr Vermögen womöglich Verwandten zufällt, die sie nicht begünstigt hätten. Sind keine gesetzlichen Erben vorhanden, erbt ohne anderslautende Anweisungen alles der Staat.

Die gute Nachricht ist, dass Alleinstehende ohne Nachkommen völlig frei sind, wie sie ihr Erbe verteilen wollen. Der grosse Nachteil bleibt immer noch die Erbschaftssteuer, die auf diesen Nachlässen erhoben wird. Je nach Kanton und Verwandtschaftsgrad geht im schlimmsten Fall die Hälfte des Vermögens direkt an den Staat. Silvan Hilfiker, FDP-Fraktionschef im Grossen Rat Aargau, hat zu diesem Thema eine Interpellation eingereicht (siehe «Aus der Politik»).

Säule 3a fällt nicht in den Nachlass

Im neuen Erbrecht heisst es zur Säule 3a «Neu ist explizit festgehalten, dass alle Vorsorgeguthaben der Säule 3a, sowohl bei Versicherungen wie bei Bankstiftungen, gleichbehandelt werden und nicht in den Nachlass fallen. Sie werden nur für die Pflichtteilsberechnung berücksichtigt.» Was heisst das genau und was bedeutet das für Alleinstehende, die weder im Konkubinat leben noch ­Kinder haben? Dazu das VZ VermögensZentrum:

  • Guthaben, die man in der Pensionskasse, der Freizügigkeit und der Säule 3a spart, sind nicht im Erbrecht geregelt, sondern im Vorsorgerecht.
  • Das bedeutet, dass sich die Begünstigung nach den jeweiligen Bestimmungen in den Vorsorge-Reglementen richtet.
  • Wir empfehlen darum, die Möglichkeiten der Begünstigung direkt mit den jeweiligen Vorsorgeeinrichtungen anzuschauen.

Ein Testament allein genügt nicht. Die Erbfolge in der 3. Säule wird in den Vorsorge-Reglementen klar vorgegeben. Als Beispiel sei hier die Vorsorgestiftung 3. Säule Bank Cler AG erwähnt. Gemäss ihrem Reglement erhalten das Säule 3-Kapital im Todesfall:

  1. überlebende Ehegatten bzw. eingetragene Partner
  2. direkte Nachkommen sowie natürliche Personen, die vom Vorsorgenehmenden in erheblichem Masse unterstützt worden sind, oder die Person, die mit diesem in den letzten fünf Jahren bis zu seinem Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt hat, oder die Person, die für den Unterhalt eines oder mehrerer Kinder aufkommen muss (in dieser Reihenfolge)
  3. Eltern
  4. Geschwister
  5. übrige Erben

Sind keine Begünstigten gemäss Buchstabe a) und b) vorhanden, können beliebige Dritte als Begünstigte bezeichnet werden. Dies setzt aber voraus, dass diese die Rechtsstellung eines Erben gemäss Buchstabe e) erhalten, wofür die Einsetzung als Erben in einer letztwilligen Verfügung (Testament, Erbvertrag) notwendig ist.

Wir empfehlen unseren Mitgliedern, mit der Vorsorgestiftung ihrer 3. Säule zu klären, wie die Erbfolge aussieht und – falls noch nicht vorhanden – eine Begünstigtenregelung zu hinterlegen.

Begünstigung in der 2. Säule (BVG)

In der 2. Säule (Pensionskasse) erhalten vor allem Eheleute und Konkubinatspaare sowie deren Kinder Hinterlassenenrenten. Alleinstehende ohne Kinder können je nach Versicherungsgesellschaft auch nahe Verwandte wenigstens zu einem (kleinen) Teil begünstigen. Aber Vorsicht: Diese Begünstigung ist im Vorsorgereglement klar definiert und sie verfällt in der Regel, sobald die versicherte Person die erste Rente bezieht. So wird es bei SwissLife gehandhabt. Wie ist die 2. Säule im Gesetz geregelt und worauf sollten Alleinstehende achten? Das VZ VermögensZentrum antwortet:

  • Von Gesetzes wegen haben im Todesfall der überlebende Ehegatte (Art. 19 BVG), eingetragene Partner (Art. 19a BVG) und rentenberechtigte (junge) Kinder (Art. 20 BVG) Anspruch auf Hinterlassenenleistungen. Weitere begünstigte Personnen können beispielsweise Konkubinatspartner, ältere Kinder oder übrige gesetzliche Erben sein. Voraussetzung ist, dass diese Begünstigten im Vorsorgereglement vorgesehen sind.
  • Die Höhe der Partner- und Waisenrente beim Tod einer aktiv versicherten Person ist im Vorsorgereglement festgelegt.
  • Beim Tod eines Alters- oder Invalidenrentners betragen die Partnerrenten in der Regel 60 % und die Waisenrenten 20 % der zuletzt ausgerichteten Alters- oder Invalidenrente.
  • Im Gegensatz zum übrigen Vermögen ist die Begünstigung im Todesfall in der 2. Säule sehr stark eingeschränkt. Es empfiehlt sich, die persönliche Gesamtsituation mit einer erfahrenen Fachperson zu besprechen.

Mutationsgewinne der 2. Säule (BVG)

Stirbt eine aktiv versicherte Person, ohne dass sie einen Partner, Kinder oder weitere Begünstigte hinterlässt, geht das angesparte Altersguthaben an die Pensionskassen. Man spricht hier von sogenannten Mutationsgewinnen.

Wie hoch sind diese heute? Das VZ VermögensZentrum sagt: «Wie hoch die Mutationsgewinne heute sind, ist sehr schwer zu schätzen. Denn mittlerweile haben einige Pensionskassen ihre Reglemente ergänzt. Das bedeutet: Fast alle Sammelstiftungen und viele firmeneigene ­Stiftungen sehen nicht nur den Ehegatten, Partner oder Kinder vor, sondern inzwischen auch die gesetzlichen Erben – dazu gehören Eltern, Geschwister, Neffen/Nichten, Grosseltern, usw. Diese gesetzlichen Erben können nur begünstigt werden, wenn das Reglement dies vorsieht.»

Wie sieht die Regelung in den individuellen Reglementen heute konkret aus? Um einen Überblick zu gewinnen, bitten wir unsere Mitglieder, uns Beispiele zu geben, ob und wie sie gemäss Reglement ihrer Pensionskasse über ihr Altersguthaben verfügen können.

Die Altersvorsorge in der zweiten Säule basiert auf einem obligatorischen individuellen Sparprozess. Deshalb ist es störend, wenn Alleinstehende ohne anspruchsberechtigte Begünstigte nicht frei über ihr Altersguthaben verfügen können.

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