Bundesgericht: TV-Gebühren diskriminieren Singles nicht

Nebelspalter, 19. Januar 2023, von Camille Lothe

Jährlich fallen 335 Franken pro Haushalt für die Radio- und TV-Gebühren an. Besonders belastend ist die Situation für Singles in Einzelhaushalten. Diese müssen im Verhältnis zu Familien mehr Geld für dieselbe Leistung abliefern. Gegen diese Diskriminierung wehrte sich Alex Bauert. Er verlangte, dass die Radio- und TV-Gebühren pro Kopf berechnet werden. Doch jetzt urteilt das Bundesgericht: Bei Radio und TV-Abgabe besteht keine Diskriminierung von Singles. Das Urteil liegt dem «Nebelspalter» vor.

Was wichtig ist:

  • Die Radio- und TV-Abgabe stellt keine Diskriminierung für Singles dar. Dies urteilt das Bundesgericht.
  • Der Gesetzgeber habe sich bewusst für eine Haushaltsabgabe entschieden, obwohl alleinstehende Personen in einem Einzelhaushalt damit stärker belastet werden.
  • Kläger Alex Bauert wird das Urteil an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterziehen.

Egal, ob eine oder mehrere Personen in einem Haushalt leben: Die Serafe-Gebühren kosten 335 Franken pro Jahr. Das System der Radio- und Fernsehabgabe trat im Juli 2016 in Kraft. Dies sei «die einfachste und praktikabelste Lösung», argumentierte der Bundesrat sowie das Parlament. Die damalige Medienministerin Doris Leuthard habe «unzählige Systeme angeschaut», und das System der Haushaltsabgabe seit «wahrscheinlich das gerechteste von allen». Anderer Meinung ist Alex Bauert. Bis jetzt hat er daher noch keine Serafe-Rechnung bezahlt.

Beschwerde scheitert beim Bundesgericht

Alex Bauert verlangte eine Verfügung und focht sie beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom) ab. Dieses hielt fest, Single-sein sei ein veränderbarer Zustand und falle nicht unter den Diskriminierungsschutz. Das Bundesverwaltungsgericht lehnte die Beschwerde von Alex Bauert ebenfalls ab. In letzter Instanz urteilt jetzt auch das Bundesgericht gegen Alex Bauert.

Das Bundesgericht hält fest, dass die Haushaltsabgabe nicht an den Status als Single geknüpft sei: «Auch eine Person, die in einer Beziehung lebt, kann alleine in einem Haushalt wohnen». Für Alex Bauert ist diese Begründung nicht sachgemäss. Entscheidend sei nicht der Beziehungsstatus, sondern ob eine Person alleine abgabepflichtig ist. Also Personen, die in einem Einzelhaushalt leben.

Singles können nicht diskriminiert werden

Für Bauert stellt die Lebensform «Single» ein geschütztes Merkmal im Sinne der Antidiskriminierungsnorm dar. Genauso wie etwa die Ethnie oder eine Religionsgemeinschaft. Alleinstehende Personen, die in einem Einzelhaushalt leben, können ihre Lebenssituation nicht einfach so ändern. Man denke beispielsweise an Witwen oder Geschiedene, die nicht einfach eine Beziehung beginnen können. Dies, weil sie erst Abschied nehmen und sich im Leben neu orientieren müssten. Personen mit diesem Lebensstil stellen jedoch für das Bundesgericht keine Kategorie von Menschen dar, die diskriminiert werden können.

Für Alex Bauert ist dieses Argument widersprüchlich. Immerhin wird auch bei Ehepaaren von der Heiratsstrafe gesprochen. Im Falle der Singles sprechen die Bundesrichter von einem bewussten Entscheid des Gesetzgebers. Damit verletze die Haushaltsabgabe das Diskriminierungsverbot nicht.

Serafe-Gebühren seien unbürokratisch

Weiter argumentieren die Bundesrichter, dass die Haushaltsabgabe «sachlich begründet» ist. Die Abgabe würde effizient, einheitlich und möglichst unbürokratisch erhoben werden. Zitiert wird auch die Argumentation von Bundesrätin Doris Leuthard, dass für Haushalte mit Kindern die Abgabe «wesentlich günstiger zu stehen» kommt.

Für Alex Bauert ist diese Argumentation widersprüchlich: «Einerseits sei es keine Diskriminierung, da der Gesetzgeber bewusst eine Haushaltsabgabe wollte. Andererseits sei die vom Bundesgericht festgestellte Diskriminierung sachlich begründet und deshalb zulässig». Alex Bauert bekräftigt: «Die bewusste Absicht ist irrelevant. Entscheidend ist, ob es zu einer Diskriminierung kommt oder nicht».

Reduktion für Alleinstehende

Alex Bauert hat alternative Vorschläge: Einzelhaushalte sollen lediglich 60 Prozent des Rechnungsbetrags bezahlen oder Mehrpersonenhaushalte bezahlen pro Person 70 Prozent der Gebühren für Alleinstehende. Das Bundesgericht verweist jedoch darauf, dass «zumindest sinngemäss» der Vorschlag von Bauert verworfen wurde. Hinweise auf diese Überprüfung gibt das Bundesgericht keine.

Unterstützung erhält Alex Bauert von Sylvia Locher, Präsidentin von Pro Single Schweiz. Mit ihrem Verein setzt sich Locher für die Interessen der Alleinstehenden ein. Zum Urteil meint Locher: «Das Bundesgericht stützt die Haltung der meisten Politiker und Politikerinnen: Familien zuerst – auch wenn es auf Kosten der Alleinstehenden geht». Dabei gehe es um gut 1,3 Millionen Einpersonenhaushalte, die weiterhin die Mehrpersonenhaushalte quer subventionieren müssen – mit dem Segen des Bundesgerichts.

Der Fall geht jetzt zum EGMR

Das letzte Wort dürfte noch nicht gesprochen sein. Alex Bauert zieht das Urteil an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) weiter. Auf politischer Ebene wird er sich für die SRG-Initiative «200 Franken sind genug!» aussprechen. Dies, obwohl er sich klar als links-grün bezeichnet. «Doch von dieser Seite gibt es politisch keine Unterstützung und das für ein Drittel der Haushalte.» Mit dieser Initiative würde die Serafe-Gebühr auf 200 Franken gesenkt werden. Davon würden Alleinlebende im Verhältnis doppelt so viel profitieren wie Paare. «Das schafft ein bisschen Gerechtigkeit.»

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