Die wirtschaftliche Situation der Alleinlebenden in der Schweiz

Bericht des Bundesamts für Sozialversicherungen BSV, März 2023

Erstellt wurde der Bericht als Folge der Interpellation des FDP-Ständerats Andrea Caroni. Er bat den Bundesrat um Angaben zu relevanten Aussagen über die Situation der Alleinstehenden in der Schweiz. Ein solcher Bericht wäre eine notwendige Grundlage, um namentlich Belastungs- und Leistungsrelationen (insbesondere im Bereich der Steuern und Sozialversicherungen) der verschiedenen Lebensformen in der Schweiz zu kennen und, wo gewünscht, politisch zu berücksichtigen. Die Situation der Alleinstehenden sei noch nie Gegenstand eines bundesrätlichen Berichts gewesen. Der Bundesrat verkündete, das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) erarbeite auf der Basis von verknüpften kantonalen Steuerdaten mehrere Berichte zur wirtschaftlichen Situation von verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft.

Der erste Bericht vom 24. März 2023 kommt zum Schluss:
Das zentrale Merkmal der Alleinlebenden ist, dass sie nur ein Einkommen erzielen, welches sowohl für den Lebensunterhalt, für den Aufbau von Reserven bzw. Vermögen und für die Altersvorsorge reichen muss. Im Vergleich verfügen Paarhaushalte über ein drei- bis fünfmal höheres Median-Nettovermögen. Alleinlebende können im Vergleich zu Paarhaushalten (Konsensual- oder Ehepaar) nicht von Skaleneffekten (z.B. bei der Miete oder anderen Ausgaben) profitieren. Und im Falle eines Ereignisses, das sich negativ auf die finanzielle Situation des Haushalts auswirkt, steht i.d.R. kein zweites Einkommen als Ersatz zur Verfügung.

Die Publikation liefert zwar einige Zahlen zu Belastungen der Alleinlebenden, weist jedoch unseres Erachtens verschiedene Mängel auf:

Sie geht nicht auf Alleinstehende ein, die jahre- resp. jahrzehntelang effektiv allein leben (ohne Kinder, ohne Partner). Bereits der Bundesrat hielt in seiner Stellungnahme fest, dass die meisten Personen nicht das ganze Leben alleinstehend seien. Im Bericht wurde diese Feststellung übernommen, ohne sie zu hinterfragen oder zu belegen. Diese implizite Negierung der Existenz von effektiv Alleinstehenden zeugt von Ignoranz und ist beleidigend für genau diese Bevölkerungsgruppe.

Was im Bericht komplett ausser Acht gelassen wird, sind die Leistungsrelationen. Es wird nur auf Belastungsrelationen eingegangen. Die Benachteiligung der Einpersonenhaushalte bei den Steuern und den Sozialversicherungen sowie die Privilegierung von Familien mit Kindern, insbesondere bei der direkten Bundessteuer, werden nicht erwähnt.

Es fehlt die Einschätzung des Bundesamtes für Sozialversicherungen, wie die Erkenntnisse aus diesem Bericht nun politisch umgesetzt werden sollten. Wie rechtfertigen sich die höheren Steuern der Alleinstehenden gegenüber den verheirateten Personen angesichts der höheren Lebenshaltungskosten und deren viel geringerer Kosten für den Staat? Wieso müssen kinderlose Alleinstehende die Renten nicht (oder kaum) erwerbstätiger Witwen und Waisen finanzieren? Und wieso sollen Erbschaften von kinderlosen Alleinstehenden weiterhin mit Erbschaftssteuern belegt werden, wie das in den meisten Kantonen üblich ist? Das ist besonders ungerecht, weil so eine Lebensform faktisch als minderwertig klassiert wird.

Pro Single Schweiz

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Die wirtschaftliche Situation der Alleinlebenden in der Schweiz

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