«Mein Single-Status ist keine Krankheit»

20 Minuten, 14. Juni 2017, von J. Furer

Single-Shaming gibt vielen Alleinstehenden das Gefühl, unvollständig zu sein. Vor allem junge Frauen setzen sich deshalb unter Druck, einen Partner zu finden.

2'077'833 Singles leben laut einer repräsentativen Erhebung der Partnerbörse Parship in der Schweiz. Manche davon sind glücklich damit, andere würden ihren Beziehungsstatus gern ändern. Doch egal zu welcher dieser Gruppe man gehört, um ein Phänomen kommen die meisten Alleinstehenden nicht herum: Single-Shaming.

Dabei geht es darum, dass den Singles das Gefühl gegeben wird, sie seien unvollständig. «Fühlst du dich nicht allein?», «Willst du keine Kinder?» oder «Du findest den Richtigen sicher noch» sind nur einige von vielen Beispielen, die die Stigmatisierung von Singles zum Ausdruck bringen.

«Wann bringst du jemanden nach Hause?»

In den sozialen Medien ist darum der Hashtag #singleshaming aufgekommen. Auf Twitter schreibt eine Nutzerin: «Einmal möchte ich sie stellen, die Umkehrfragen: ‹Warum seid Ihr eigentlich zusammen?› Oder: ‹Wieso hast du eigentlich Kinder?›» Auf Instagram beschwert sich eine andere Nutzerin über das Verhalten der anderen und schreibt: «Mein Single-Status ist keine Krankheit, also hört auf mich so zu behandeln.»

Auch Schweizer Social-Media-Influencer haben schon Erfahrungen mit Single-Shaming gemacht. Zeki Bulgurcu, auch bekannt als Swissmeme, sagt: «Als ich mit 25 noch keine Freundin hatte, haben meine Eltern mich oft darauf angesprochen und mich gefragt, wann ich endlich jemanden nach Hause bringe.»

«Meine Freundinnen machen sich einen extremen Druck»

«Was sollen denn andere denken», hätten die Eltern zu Bulgurcu gesagt. Sie hätten ihm eine Frau aus seiner Heimat, der Türkei, besorgen wollen, falls Bulgurcu noch lange single geblieben wäre, erzählt er augenzwinkernd.

Auch im Umfeld der 17-jährigen Komikerin Noelia komme Single-Shaming vor: «Einige Mädchen aus meinem Bekanntenkreis spüren einen gesellschaftlichen Druck einen Freund finden zu müssen, weil sie ansonsten das Gefühl haben, dass mit ihnen etwas nicht stimmen könnte.»

«Man hat das Gefühl, als Single nichts wert zu sein»

Social-Media-Star Bendrit Bajra ist ebenfalls schon in Kontakt mit Single-Shaming gekommen: «Meine Eltern hatten Angst, dass ich niemanden finde und haben mich deshalb oft auf das Thema angesprochen.» Er habe sich aber nicht unter Druck setzen lassen. «Ich habe mir immer gesagt: Entweder es klappt oder eben nicht.» Inzwischen hat er seine Traumfrau gefunden.

So locker wie Bajra nehmen viele das Single-Shaming aber nicht. Sylvia Locher, Präsidentin von Pro Single Schweiz sagt: «Alleinstehende geraten oft unter Druck, einen Partner zu finden, weil die Gesellschaft einem durch das Single-Shaming vermittelt, dass man als Single weniger wert ist.» Es gebe aber auch Leute, die damit gut umgehen könnten.

«Singles sollten sich nicht dem gesellschaftlichen Druck beugen»

Dennoch hätten besonders junge Frauen Mühe, sich für ihr Single-Dasein nicht zu schämen. «Diese haben viel mehr Druck, den gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen», sagt Locher. Insbesondere dann, wenn es um die Kinderfragen gehen würde. Locher: «Sie müssen sich zudem mehr als Männer rechtfertigen, warum sie keinen Partner finden.»

So würden Männer meist für ihr Single-Dasein bewundert. «Sie bekommen Lob dafür, weil sie sich verwirklichen und viele denken: ‹Ach cool, der macht, was er will.› Wenn Frauen hingegen allein sind, heisst es meist, dass sie niemand will oder dass mit der etwas nicht stimmt», so Locher.

Auch deshalb komme es immer noch vor, dass eine Beziehung eingegangen werde, in der man aber nicht glücklich sei. Das sei der falsche Weg, findet Locher: «Singles sollten sich nicht dem gesellschaftlichen Druck hingeben und sich nicht täuschen lassen, dass eine Partnerschaft die Norm und das Richtige ist.»

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