Vernehmlassung BVG-Revision

Pro Single Schweiz, Juni 2020

Der Leistungskatalog wird laufend ausgebaut, aber die überholten Grundannahmen, auf denen das Rentensystem aufgebaut ist, werden nicht angefasst (Versorgerehe, Lebenserwartung). Die Politik scheut sich, den Leuten die unangenehme Tatsache zu vermitteln, dass auch die zweite Säule ohne Anpassungen an neue Realitäten nicht stabilisiert werden kann. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich verändert und die Lebenserwartung ist gestiegen. Ein weiterer Ausbau der Leistungen wäre angesichts des tiefen Einschnitts der Corona-Krise in Wirtschaft und Staatsfinanzen unverantwortlich. In wenigen Wochen wurde für Corona-Hilfsgelder ein Schuldenberg angehäuft, der ohne einschneidende Verzichtsplanung nicht innert der von der Schuldenbremse geforderten sechs Jahre abgetragen werden kann. Zudem werden in einer Rezession die Steuereinnahmen sinken, Arbeitslosengelder und Sozialhilfekosten massiv ansteigen. Mehr Verpflichtungen, weniger Einnahmen. Ein Leistungsausbau in der zweiten Säule stünde völlig quer in der post Corona- Landschaft.

Keine Einführung einer systemfremden Umverteilung

Das BVG ist nach dem Einlageprinzip konzipiert. Die Alleinstehenden beteiligen sich bereits heute überproportional an der Finanzierung der Pensionskassen; sie leisten dieselben Beiträge, obschon sie keine Hinterlassenenrenten oder nur in seltenen Fällen ein bescheidenes Todesfallkapital auslösen können. Die Einführung einer neuen Prämienart ist auch im Hinblick auf die kommende Belastung der jüngeren Generation nicht zu verantworten.

Kein Rentenzuschlag für tiefe Löhne

Tiefe Renten sind einerseits eine Folge von tiefen Löhnen, andererseits hängen sie direkt mit niedrigen Arbeitspensen zusammen. Teilzeit arbeiten vor allem Ehefrauen und Mütter, wenn sie sich der Erziehung ihrer Kinder und dem Haushalt widmen. Der Erziehungsarbeit wird mit der Erziehungsgutschrift bei der AHV Rechnung getragen. Oft kehren Mütter nach der Kinderphase nicht ins Berufsleben zurück, weil das Einkommen durch den Partner gesichert ist. Die Einführung eines neuen Giesskannenprinzips wäre in diesem Fall kontraproduktiv. Es wäre unzumutbar, wenn Alleinstehende dafür noch eine zusätzliche Prämie mitfinanzieren müssten.

Hinterlassenenrenten

Es ist unumgänglich, Relikte aus alten Zeiten zu revidieren. Die Ausrichtung einer Hinterbliebenenrente an eine erwachsene Person soll an die gleichzeitige Leistung einer Erziehungs-/Betreuungsaufgabe gekoppelt sein und für Mann und Frau einheitlich gehandhabt werden. Eine Witwen- oder Witwerrente soll nur ausbezahlt werden, bis das Kind 18 Jahre alt ist.

Zusätzliche Kinderrenten für Väter im Rentenalter

Wenn ein Altersrentner Vater wird, darf davon ausgegangen werden, dass die Mutter des Kindes noch im erwerbsfähigen Alter ist und ein Einkommen inkl. Kinderzulagen generieren kann, zusätzlich zur AHV- und Pensionskassen-Rente des Ehemannes. Die zusätzliche Kinderrente stellt Paare mit einem grossen Altersunterschied ungerechtfertigt besser als andere Eltern. Überdies kann der pensionierte Ehemann die Kinder in Vollzeit betreuen.

Verfügungsberechtigung für alle gleich

Gemäss BVG Art. 19 Abs. 2 hat der überlebende Ehegatte, der keine der Voraussetzungen für eine Witwer- resp. Witwenrente erfüllt, Anspruch auf eine einmalige Abfindung in Höhe von drei Jahresrenten. Wir fordern, dass jede Person, unabhängig von Zivilstand und Wohnform, frei über diese Todesfallsumme verfügen kann. Derzeit verbleiben in den Pensionskassen jedes Jahr 500 Millionen bis zu einer Milliarde Franken «freiwerdendes Vorsorgekapital»*) aus Beiträgen von verstorbenen Alleinstehenden ohne Kinder.

Tarifierung

Es gibt bereits heute Pensionskassen, die den Versicherten die Möglichkeit bieten, bei der Pensionierung zwischen einer höheren Altersrente oder einer höheren allfälligen Witwen- respektive Witwerrente zu wählen. Eine solche Wahlmöglichkeit spätestens 20 Jahre vor der geplanten Pensionierung ist für alle Versicherten einzuführen. Alleinstehende würden auf diese Weise wenigstens ab der zweiten Lebenshälfte nicht mehr gezwungen, Paargemeinschaften quer zu subventionieren.

Referenzalter

Für die Pensionierung soll das Referenzalter für Männer und Frauen gleich sein und an die Lebenserwartung gekoppelt werden.

*) Im Wirtschaftsmagazin «Trend» von Radio SRF 1 vom 6. Juni 2020 wurde ebenfalls auf dieses Kapital von verstorbenen Alleinstehenden aufmerksam gemacht. Die so entstehenden Reserven werden von den Pensionskassen auch «Abwicklungsgewinne » genannt – welch neutral-beschönigender Begriff für diesen stillen Raubzug auf das von Singles angesparte Kapital!

zurück

Kommentar

email address:
Homepage:
URL:
Comment:

Name:

E-Mail (Pflichtfeld, nicht öffentlich):

Kommentar :

Prüfziffer:
19 minus 4  =  Bitte Ergebnis eintragen